Interview mit dem BSR Mitarbeiter und HSLU Studenten Jonas Bucher

Machine learning

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Steuerungsbereich wird wohl schneller erfolgen als dass man sich das vor ein paar Jahren hätte vorstellen können. Unser BSR Mitarbeiter Jonas Bucher ist Teilnehmer am ersten Studiengang zu Artificial Intelligence & Machine Learning, den es dazu in der Schweiz gibt. Eine gute Gelegenheit also, das möglicherweise zentrale Thema der nächsten Jahre mit Jonas zu besprechen.

Eigene Vorstellung

Mein Name ist Jonas Bucher(26) und ich arbeite seit 2020 bei der Firma BSR Automation AG mit einem Pensum von 50%. Ich bin gelernter Polymechaniker EFZ und habe eine Weiterbildung als Systemtechniker HF mit der Vertiefung Automation im Jahr 2018 abgeschlossen. Im Sommer 2019 habe ich mit dem Studium als Informatiker an der Hochschule Luzern gestartet und habe diesen Frühling zum neuen Studiengang Artificial Intelligence & Machine Learning gewechselt.

Mit dem schweizweit ersten Bachelorstudium im Bereich Artificial Intelligence und Machine Learning reagiert die HSLU auf die steigende Nachfrage der Wirtschaft nach Fachkräften in den Bereichen Künstliche Intelligenz und Robotik.

Künstliche Intelligenz ist eine Schlüsseltechnologie bei der digitalen Transformation und gewinnt in allen Lebensbereichen, insbesondere in Unternehmen und Verwaltungen, rasant an Bedeutung.

Studierende des neuen Studiengangs werden auf eine prägende und aktive Rolle bei der Entwicklung moderner KI-Systeme vorbereitet, z.B.  für autonomes Fahren, digitale Sprachassistenten, industrielle Automatisierung oder auch moderne Diagnosesysteme für Krankheiten – es gibt kaum einen Lebensbereich, in dem künstliche Intelligenz nicht Einzug gehalten hat.

Das Studium bildet die Studierenden in den elementaren Techniken der KI wie beispielsweise maschinelles Lernen, Planung, Optimierung oder Wissensrepräsentation und werden praxisbezogen im Data-Science-Handwerk ausgebildet. Anschliessend folgen projektorientierte Anwendungsmodule in Robotik, Bild- oder Textanalyse.

Neben den technischen Aspekten werden auch die ethischen und gesellschaftspolitischen Fragen behandelt, damit man sich qualifiziert mit den Folgen des Tuns auseinandersetzen kann.

Unter künstlicher Intelligenz (KI) verstehen viele Unterschiedliches. Wie erklärst du einem Kollegen den Begriff?

Das ist so, KI ist ein sehr allgemeiner Begriff von der Informatik, welcher die Automatisierung intelligenten Verhaltens und dem maschinellen Lernen beinhaltet. Grob wird zwischen «starker KI» (Forschungsrichtung mit dem Ziel, Systeme zu entwickeln, die wie Menschen situationsbezogen handeln und eigene Zielsetzungen verfolgen) und «schwacher KI» (Lösungen konkreter Anwendungsprobleme, deren spezialisierte Algorithmen aber in anderen Anwendungen unbrauchbar sind) unterschieden. Den Bereich gibt es aber schon seit Jahrzehnten und hat mit der Methode der künstlichen neuronalen Netzwerke neue grosse Fortschritte erzielt. Dabei werden neuronale Netze, die grob von der Struktur des Gehirns inspiriert sind, künstlich auf dem Computer simuliert. Maschinelles Lernen ist aus Erfahrung Wissen zu generieren. Hier gibt es den Bottom-up-Ansatz der neuronale KI mit den neuronalen Netzen und dem Top-down-Ansatz der symbolischer KI.

Maschine Learning (ML) soll die Automation verändern. Werden die Programmierer hinfällig?

Durch ML können Prozesse automatisiert werden, welche vorher noch nicht möglich waren und ersetzt weniger die Programmierer*in. Da wir heutzutage in den meisten Bereichen noch schwache KI’s einsetzen sind diese spezialisiert auf eine Aufgabe. Deren Auslegung der Algorithmen oder das Designen der neuronalen Netze brauchen immer noch menschlichen Input. Zudem besteht eine Anlage aus sehr unterschiedlichen Komponenten, welche miteinander verknüpft werden müssen.

Wo ist KI schon im Einsatz die wir nutzen?

In sehr vielen Bereichen, vom diversen News Feed, social Bots zum FAIRTIQ Ticketingsystem. In der Spracherkennung, Handschrifterkennung und bei der Übersetzungen von Schrift und Sprache wird die KI heutzutage rege genützt. Es gibt aber auch Bereiche mit denen wir nicht direkt in Kontakt kommen, wie z.B. bei der Wettervorhersage oder bei der Vermögensverwaltung. Aber auch Computer-Vision-Systeme zum überwachen des öffentlichen Strassenverkehrs oder Produktionsprozesse.

In der Industrie?

Es gibt schon heutzutage diverse Anwendungen in der Industrie, die mit Machine Learning realisiert wurden. In der Bildverarbeitung trifft man sie sogar sehr häufig an. Eine erfolgreiche Implementierung von KI-Lösungen in Industrie 4.0-Anwendungen setzt jedoch viel fachspezifisches Wissen im Bereich KI aber auch von dem zu implementierenden Prozess voraus.

Wo erwartest du die nächsten Anwendungen in der Automation?

KI ermöglicht heute die Umsetzung wahrnehmungsbezogener Aufgaben, die bislang nur der Mensch erfüllen konnte, weil dafür menschliche Sinne wie Sehen oder Fühlen nötig waren. In diesen Bereichen gibt es ein grosses Potenzial für diverse Anwendungen. Durch neue Algorithmen und neuronalen Netzwerke sind wir heute in der Lage, Prozesse zu automatisieren, welche früher durch die geringe Rechen/Speicherleistung nicht möglich waren.  Zudem ist wichtig, dass der Prozess gut überprüfbar oder messbar sein muss, damit man die Anlage trainieren oder kontinuierlich verbessern kann.

Sollte man immer ein System basierend auf einer KI einsetzen?

Nein, es gibt sehr viele Prozesse wo sich der Mehrwert einer KI nicht lohnt oder sogar einen instabileren Prozess mit sich führt. Daher ist es wichtig am Anfang eines Projektes auf die richtigen Technologien zu setzen und deren Vor und Nachteile zu erkennen und zu bewerten.

Was sind die Schwierigkeiten solcher Systemen?

Oft ist das Wissen um Machbarkeit, Aufwand, Risiko und Potenzial moderner KI in den meisten KMUs nicht verfügbar. Zudem existieren keine Out-of-the-Box-KI-Systeme; der Einsatz von KI verlangt Expertenwissen – sowohl über die verwendeten Methoden als auch die Anwendungsdomäne.

Vielen Dank Jonas, wir sind auf die ersten Anwendungen bei BSR gespannt.